Anfänge des Protestantismus im Bezirk Leibnitz
Der Markt Leibnitz gehörte im Mittelalter zum Erzbistum Salzburg. Die Hauptkirche blieb stets katholisch, doch schon bald nach Luthers Reformation besuchten immer mehr Bürger*innen – erst heimlich, dann ganz öffentlich – protestantische Gottesdienste außerhalb des Marktes. Man nannte dies das „Auslaufen“. 1575 kaufte Mathias Amman, der bischöfliche und später landschaftliche Sekretär, das Schloss Grottenhofen, wo er ein Bethaus und zwei Friedhöfe errichten ließ. Hier hörte bald die Hälfte der Leibnitzer Bürger*innen verbotenerweise eine lutherische Sonntagspredigt.
Gegenreformation
1585 verlieh der Salzburger Erzbischof das Bistum Seckau an den Schwaben Martin Brenner. Als 1590 durch den unerwarteten Tod des Landesfürsten Erzherzog Karl II der siebzehnjährige Ferdinand II. die Regierung antrat, begann mit der „Gegenreformation“ die lückenlose Verfolgung der Protestant*innen. Fünf Jahr später schenkte der Erzbischof von Salzburg Schloss, Markt und Herrschaft Leibnitz an das Bistum Seckau, so dass der seckauische Bischof Martin Brenner zudem Grundherr geworden war. Die „Ausrotttung der Ketzerei“ war sein erklärtes Ziel. Zwar war dem Adel vorläufig noch Kultusfreiheit gewährt, doch Bürgertum und Bauernstand sollten zum katholischen Bekenntnis zurückgeholt werden.
Am 17. Dezember 1599 brach seine „Religionsreformkommission“ vom Schloss Seggau auf, begleitet von 150 „guten deutschen Muskieren“ und 170 mit „Musketen“ und „langen Röhren“ bewaffneten bischöflichen Untertanen. Sie zogen durch die ganze damalige Untersteiermark, vertrieben sämtliche evangelische Prädikanten, schlossen und verbrannten die lutherischen Bethäuser, setzten überall katholische Geistliche ein, denen die Bürgerschaft den Eid des Gehorsams schwören musste, und verbrannten die „ketzerischen“ Schriften. Im Jänner 1600 erreichten sie Leibnitzer Gemeindegebiet. Die Bürgschaft von Eibiswald, Leutschach, Wildon und Leibnitz wurde am langen Marktplatz von Leibnitz versammelt und hörten eine eindrucksvolle Predigt des Bischofs. Danach konnten sie entscheiden: Wer sich nicht zum Katholizismus bekehren wollte, musste auswandern. Bereits 7 Jahre später, 1607, konnte der Pfarrer berichten, dass es im Markt Leibnitz nur noch sieben Protestanten gäbe.
Ab 1628 betraf die Gegenreformation auch den protestantischen Adel. Auch sie mussten das Land verlassen oder katholisch werden. Mit der letzten Erbin des Mathias Ammans verließ der offizielle Protestantismus endgültig das Land und damit fiel das Zentrum Grottenhof. Letzte Reste von Geheimprotestanten scheint es bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts um Straden, Klöch und Halbenrain gegeben zu haben, jedenfalls wurden vom Radkersburger Pfarrer damals noch 200 Personen als verdächtig registriert. In Leibnitz dagegen sind im 17. und 18. Jahrhundert in den Sterbebüchern nur noch solche Evangelische vermerkt, die als Kriegsgefangene im Siebenjährigen Krieg in der Leibnitzer Kaserne starben.
Das Wiedererstarken des Protestantismus: Die Los-von-Rom-Bewegung
Die sogenannte „Los-von-Rom-Bewegung“ war ein politisch-religiöses Phänomen des ganzen deutschsprachigen Raums. Sie wurde von dem 1883 gegründeten „Alldeutschen Verband“ unterstützt, der eine Eingliederung Deutsch-Österreichs ins deutsche Reich anstrebte. Die Protestantisierung katholischer Bevölkerungsteile diente als Mittel der Nationalisierung. Die zunächst von nationalen Motiven geleitete Trennung von der römischen Kirche wurde durch das Eingreifen des Evangelischen Bundes zu einer religiösen Bewegung, die den Ruf „Los von Rom!“ mit dem Zusatz „hinein ins Evangelium“ versah. Gemeint war der Protestantismus. Zwischen 1897 und 1917 wurden in der Monarchie fast 100.000 Übertritte gezählt.
So entstanden viele neue kleine Gemeinden – auch in Leibnitz und den umliegenden Gemeinden (Evangelische Seelen im Bezirk Leibnitz: 1880: 41, 1890: 67, 1900: 125). Förderer stellten sich ein, und so sammelte sich eine Gruppe von Persönlichkeiten aus dem bürgerlichen Mittelstand an der deutsch-slowenischen Sprachgrenze, aus der selbst erworbenen Überzeugung, dass das „deutsche Herz“ und das „Evangelium“ zusammen gehören. Bemerkenswert ist neben dem kräftigen Wachstum der jungen evangelischen Gemeinde das vorzügliche Einvernehmen dieser protestantischen Gemeinden mit ihrer katholischen Nachbarschaft – freilich auf der Basis einer „deutschfreiheitlichen Gesinnung“.
Bemühung um ein eigenes Gotteshaus und eine eigene Gemeinde
Die entstehende evangelische Gemeinde musste ihre ersten Gottesdienste in einem Gasthaussaal halten. Bald aber wurde ihr dafür der Sitzungsaal des Rathauses überlassen. Schon 1899 dachte man daran, ein eigenes Bethaus zu erwerben. 1900 wurde ein 15-jähriger Mietvertrag mit der Marktgemeinde abgeschlossen, so dass man nun die ehemalige Militärschiessstätte in der Schützenau zur Verfügung hatte, ein wenig einladendes, scheunenartiges Gebäude mit gestampftem Lehmboden im Sumpf, recht feucht und luftig. Man baute es zu einem Bethaus mit Saal, zwei Nebenräumen und Sanitäranlage um. Die kleine Gemeinde gehörte zum Pfarrsprengel von Marburg an der Drau.
Im folgenden Jahrzehnt wirkte diese entwickelnde Gemeinde mit erstaunlicher und entschlossener Tatkraft, obwohl die Vikare äußerst oft wechselten (10 Vikare in 8 Jahren). Eine Begräbnisverweigerung vonseiten der katholischen Geistlichkeit führte 1902 zur Schaffung eines eigenen Friedhofes mit Kapelle – samt Türmchen und dreiteiligem Tor. Allerdings war der „Bettempel“, wie ihn die katholische Bevölkerung nannte, häufig durch Hochwässer überschwemmt, für die Vikare gab es keine Wohnmöglichkeit und sie zogen es vor, sich auf bessere Posten versetzen zu lassen.
Dieser Zustand änderte sich 1908 mit dem Amtsantritt von Vikar D. Johannes Albani aus Sachsen, der gute Beziehungen zum Gustav-Adolf-Zweigverein und zum Zentralvorstand der Gustav-Adolf- Stiftung in Deutschland mitbrachte. Zielgerichtet verfolgte er den Bau einer Kirche mit Pfarrhaus sowie die Gründung einer eigenen Pfarrgemeinde. Der später so berühmt gewordene Kirchenbaumeister Otto Bartning erhielt den Auftrag zum Bau. Durch unermüdliche Arbeit von Friedrich Maxa konnte das nötige Kapital von 5.000 Kronen aufgebracht werden, die für die Gemeindegründung als Pfarrerbesoldungsschatz beim Oberkirchenrat zurückgelegt werden mussten. So schritt man zum Kauf von drei Hausparzellen im Ortsteil Neu-Leibnitz, in der Nähe des Bahnhofs. Am 28. Juni 1910 wurde der Grundstein gelegt. Großzügige Spenden und eine Selbstverpflichtung der Gemeindemitglieder zu einem auf das doppelte erhöhten Gemeindebeitrag waren die Grundlage.
„Wir haben unterdessen nicht nur gefeiert“, schreibt Pfarrer D. Johannes Albani im Spätherbst. Zu den zwei Religionsunterrichtstellen in Leibnitz und St. Egydi in den windischen Bühlen, sind zehn dazugekommen: Arnfels, Ehrenhausen, Gabersdorf, Lang, Leutschach, St, Margarethen, Straß, Tillmitsch, Witschein und Wolfsberg, drei weitere sollten demnächst errichtet werden: Pößnitz, Ragnitz, Wildon. So wird der evangelische Pfarrer zu einer bekannten Erscheinung.
Schulden und Probleme
Die junge Gemeinde hatte sich in große Schulden gestürzt. Mitten in diesen großen Aufgaben verließ Pfarrer D. Albani 1912 die Gemeinde. Aus einem Brief erfahren wir, er sei „aus völliger Überzeugung“ katholisch geworden. Nach einer Administration aus Graz wählte die Gemeinde 1913 D. Paul Lutze aus Deutschland zum neuen Pfarrer. Auf einer vierwöchigen Vortragsreise durch Österreich und Deutschland warb er mit dem Spruch: „Wir bitten nicht nur um Geld, wir bitten um Leute“, und zeigt uns damit das große Ringen an einer Sprach- und Kulturgrenze. Innere Mission und treuer Zusammenhalt der Gemeindemitglieder waren sein großes Anliegen.
1.Weltkrieg und Belastungen
Die Kriegsereignisse trafen auch die Gemeinde: Männer wurden rekrutiert und zehn evangelische Flüchtlingsfamilien aus Galizien waren zu betreuen. Mit dem Bau des Flüchtlingslagers in Wagna waren eine große Zahl evangelischer Flüchtlinge zu betreuen. Zu Fuß, mit Fahrrad, Kutsche und Bahn war der Pfarrer unterwegs zu Besuchen, Religionsstunden und Gottesdiensten. Allein um in Arnfels und Leutschach je eineinhalb Stunden Unterricht zu geben, bedeutete den Aufwand eines ganzen Tages. Der Religionsunterricht des Jahres 1916 /1917 zB betrug 107 Schüler in 14 Wochenstunden an acht Orten. Hinzu kam eine Administration, die der Pfarrer im Marburger Pfarramtes übernehmen musste, weil der dortige Pfarrer zum Feldpredigeramt an die Südwestfront eingerückt war. In Leibnitz konnte nur alle vier Wochen Gottesdienst gehalten werden.
Auch die kriegsbedingte Metallknappheit forderte Opfer. 1916 montierte man den kupfernen Turmhelm der Kirche und die Vordächer über den Eingängen ab und zog eine Glocke ein. Das war auch ein finanzieller Schlag, da zu den Bauschulden von 41.000 Kronen noch 2.600 Kronen Glockenschulden bestanden, die zu tilgen man nicht in der Lage war. Zur Ersatzverblechung erhielt die Gemeinde nur 255 Kronen Rückvergütung.
1919 wurde der Pfarrsprengel durch die neue Staatsgrenze in zwei Teile geteilt. Doch die Anstrengungen sind an Pfarrer D. Lutze nicht vorbeigegangen. 1923 verließ er aus Gesundheitsgründen die Pfarre Leibnitz. Im gleichen Jahr wählte die Gemeindeversammlung Vikar Emil Odörfer zum neuen Pfarrer, der bereits zwölfjährige Erfahrung in Friedens- und in Kriegszeiten mitbrachte, als er seine fast 35 Jahre dauernde Amtszeit antrat.
Konsolidierung in der Zwischenkriegszeit, Überlastung des Pfarrers
Die Zusiedler um Leibnitz wurden allmählich integriert. Die Dienstzeit des Pfarrers war weit über das gewöhnliche Maß hinaus beansprucht, die Budgetmittel waren karg. Die nicht funktionierende Turmuhr und die schlechte Kriegsverblechung am Turm sowie Rechtsstreitigkeiten beim Friedhof verursachten Unmut und Kosten. Konnte Pfarrer Lutz noch mit eigener Kutsche seine Gemeinde befahren, so war Pfarrer Odörfer auf seine Füße und das Fahrrad angewiesen, bzw. er musste mit Wagen oder Schlitten abgeholt werden, wie dies 1926 der Fall war, als er mitten im Winter von den Bauern nach Hengsberg geholt wurde, damit er sie in die evangelische Gemeinde aufnehme. 1926 wurde dort der erste evangelische Gottesdienst in einer Bauernstube gefeiert. So kam die rührige Bauerngemeinde Hengsberg hinzu. 1928 wurde dort ein Friedhof angelegt, 1932 erwarb man aus den sich auflösenden Beständen des großen Flüchtlingslagers in Wagna die gut erhaltene hölzerne Lagerkapelle und stellte sie in Hengsberg auf. Im Jahr des Bürgerkrieges 1934 zählte die Leibnitzer Gemeinde 560 Seelen.
Eingliederung ins deutsche Reich, 2. Weltkrieg
Ab 1942 waren wieder viele Flüchtlinge im neuen Flüchtlingslager Wagna. Pfarrer Odörfer stand ein Vikar zur Seite. Während der Kriegsjahre erlosch aber aus politischen Gründen das Gemeindeleben fast ganz und beschränkte sich auf die nötigsten Dienste, Taufen und Begräbnisse.
Besatzungszeit, Anstellung einer Gemeindeschwester
Der Pfarrer besuchte seine Gläubigen noch immer zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Es gelang ihm aber, den Respekt der verschiedenen Besatzergruppen zu gewinnen: von den Titogruppen konnte er eine Benutzerbescheinigung für sein Fahrrad erwirken, und die im Pfarrhaus einquartierten Offiziere respektierten ihn ebenso, wie die nachfolgenden russischen Besatzer. Das ermöglichte ihm seinen Dienst an vielen, vom Schicksal schwer getroffenen Familien an der Grenze zu Jugoslawien, deren Angehörige oft verschleppt oder verschwunden waren. Ab Herbst 1945 wurde die Kirche von der Besetzungsmacht für ihre anglikanischen Gottesdienste mitbenützt. Nach großen Schwankungen durch die Flüchtlinge im Lager Wagna hielt sich die hohe Zahl von ungefähr 1.150 Gemeindemitgliedern bis zum Jahr des österreichischen Staatsvertrages 1955, um von da an langsam abzunehmen.
Im September 1953 konnte eine Gemeindeschwester eingestellt werden. Sie übernahm den Religionsunterricht an vielen Volksschulen (Leibnitz, Kaindorf, Tillmitsch, Straß, Spielfeld, Ehrenhausen, St. Nikolai i.S., Hengsberg, St. Margarethen, in Wöllinggraben und in Höch). Ebenso hielt sie Kindergottesdienste und betreute die Jugendarbeit. Zusammen mit dem Dienst des Vikars wurde die Gemeinde so dicht wie nie zuvor betreut. Obwohl es für die Fahrten eine Beiwagenmaschine gab, nahm die Spannkraft des Pfarrers zusehends ab. 1955 überlegte die Superintendentur die Ausgliederung der Gemeinden Spielfeld, Straß und Gersdorf aus dem Leibnitzer Pfarrsprengel. Das Presbyterium lehnte diese Ausgliederung jedoch ab.
Pfarrer Wohlmuteder
Nach dem Tod von Pfarrer Odörfer 1957 und nach Administration aus Graz hielt Vikar Michael Wohlmuteder Religionsstunden, ebenso Schwester Elisabeth zum Teil unbezahlt. 1958 wurde ihr Dienstverhältnis aber gelöst. Vikar Wohlmuteder machte seinen Dienstantritt in Leibnitz von vielen Änderungen in kirchlichen Bräuchen und großen baulichen Umgestaltungen abhängig. 1958 wurde er zum Pfarrer gewählt.
Die Modernisierungswünsche waren Zeichen der neuen Zeit: Telefonanschluss, Zentralheizung, Unterputzlegung der elektrischen Leitungen, Renovierung des Bades und des WC, neue Fußböden und Türen im Pfarrhaus, für die Kirche eine elektrische Unterbankheizung und vieles andere. Mit großem Einsatz machte der Pfarrer seine Arbeit. In Eichberg-Trautenburg trug man sich mit der Absicht eine Kapelle zu bauen, in Wildon suchte man einen ständigen Raum für die Gottesdienste, in Graßnitzberg wurde eine Predigtstation eingerichtet. Die Teilnehmeranzahlen bei Andachten, Kinder- und Hauptgottesdiensten stiegen beeindruckend.
Mitten in diesen Aufbruch fällt eine Geldspende aus Amerika. Frau Alice Bachofen-Echt stirbt 1959 in New York und die evangelische Gemeinde erbt 5000 US-Dollar. Nun willigt auch das Presbyterium in die Modernisierungswünsche für Leibnitz und Hengsberg ein. Auch eine Gemeindeschwester wurde wieder eingestellt.
Doch der Pfarrer ist überlastet. Er bittet beim Oberkirchenrat um Ermäßigung des Pflichtstundenausmaßes. Er hält monatlich 20 Haupt- und Kindergottesdienste und betreut das Internat der Berufsschulen in Arnfels. Auch die Kirchenbeiträge werden streng eingefordert. Leibnitz lag 1959 in der Beitragsaufbringung an achter Stelle in Österreich.
Zuwendungen einer Gemeinde in Deutschland ermöglichen 1960 die Anschaffung eines Autos, das der Pfarrer und die Gemeindeschwester als frischgebackene Fahrschüler benutzten. Eine Garage wurde auf Kirchengrund errichtet. Die Zahl der Gottesdienstorte konnte noch erhöht werden, die Teilnehmerzahl erreichte aber nie mehr die Werte von 1958 und 1960.
8 Jahre lang wurden nun der innere Kirchenraum und das Pfarrhaus modernisiert, nicht immer mit gewünschtem Erfolg. Im Keller entstand eine Heimstatt für einen regen Jugendkreis. In der Oster- und Weihnachtswoche wurden jeweils Konfirmandenkurse für fern wohnende Kinder abgehalten. An dreißig Schulen konnte Religionsunterricht erteilt werden. Der Gottesdienstbesuch lag oft über dem steirischen und österreichischen Schnitt. Der Pfarrer veranstaltete ökumenische Vortragsreihen mit Diskussionsgesprächen, öffentlich in der Stadt, mit vielen hundert Teilnehmern.
1967 kündigte die Gemeindeschwester. Sie hatte im Durchschnitt mehr als 44 Wochenstunden Dienst gemacht. Nun fiel fast alles auf den Pfarrer zurück.
1970 ging die Seelenzahl das erste Mal seit 1946 unter die Tausendergrenze zurück (991). Viele sind abgewandert, viele der alten Heimatvertriebenen starben nach und nach. In Arnfels und in Wildon wurde die Predigtstation aufgelassen. Kirchenaustritte wegen der Kirchenbeitrags-Vorschreibungen häuften sich und 1972 reagierte das Presbyterium durch Gewährung freier Selbsteinstufung bei Gemeindemitgliedern über dem siebzigsten Lebensjahr. Daraus entstand eine schwierige Hypothek für die Verwaltung der Pfarre im folgenden Jahrzehnt. 1973 wurden zwar für den gesamten Staat neue Kirchenbeitragsberechnungsstaffeln erstellt, aber die vorangegangene Regelung wurde erst 1977 durch eine Weisung des Kirchenkanzlers aufgehoben und ist lange nicht aus der Vorstellung der Gemeindemitglieder verschwunden.
1974 starb Pfarrer Wohlmuteder nach langer Krankheit. Die Administration der Gemeinde übernahm Pfarrer Aleksander Kercmar aus Bad Radkersburg, bis 1975 Klaus Graßer für die Pfarramtsleitung eingesetzt, der allerdings das vorgeschriebene Examen noch ablegen musste. 1976 wurden Werkmeister Hermann Seppele und LR Dir. Dr. Helmut Heidinger zum Kurator und Kuratorstellvertreter gewählt. Das Gemeindeleben konsolidierte sich.
Sanierung der Kirche innen und außen, Sanierung des Turmes
Viele der als günstig und billig angepriesenen Modernisierungsmaßnahmen erwiesen sich als Halbheiten. Die Beheizung musste völlig neu entworfen werden und in der Kirche war durch die Umgestaltung die Akustik stark verschlechtert. Bei einer Begehung im Kirchturm stellten sich große Schäden heraus. Um Geldmittel aufzubringen, entstanden aktive Gruppen: Ein Jugendkreis, eine Runde junger Erwachsener und ein Frauenkreis. Des Pfarrers Wunsch, die Gemeinde aus sich heraus lebendig zu machen, trug Früchte.
Er selbst fuhr oft zum Studium an die Universität nach Wien. Gottesdienste wurden zeitweise nur alle vierzehn Tage gehalten. Die Arbeit leisteten u.a. Frauen aus der Gemeinde. Eine Aussegnungshalle zwischen evangelischem und katholischem Friedhof wurde zusammen mit der katholischen Gemeinde erreichtet.
Der Frauenkreis hatte auch eine Handarbeits- und Bastelrunde hervorgebracht, deren Erzeugnisse über Bazare namhafte Spendenbeträge brachte. Sie wurden für die Tilgung der Turmreparaturkosten und für eine neue Glocke verwendet, die 1981 feierlich aufgezogene wurde. Im gleichen Jahr feierte man die Amtseinführung des Pfarrers Mag. Klaus Grasser. Höhepunkte waren das das Gustav-Adolf-Fest 1985 in Leibnitz und die Amtsübernahme der neuen Kuratorin Frau Hauptschuldirektorin Edeltraud Podboj im Jahre 1982. Eine mit Vorsicht durchgeführte Generalrenovierung der Kirche schützte dieses gut erhaltene Jugendwerk Otto Bartnings für die Nachwelt.
Man sieht: Mit ihrem Haus lebt auch eine Gemeinde als Kirche.
Erstellt von Sabine Hohenau
auf der Basis der Gemeindechronik zum 75. Gemeindejubiläum von Prof. Ernst Christian, bestellbar unter: pg.leibnitz@evang.at