10. EINFLUSS – Palais Herberstorff

Viele Menschen werden fromm gerühmet; aber wer will finden einen, der rechtschaffen fromm sei?

Sprüche 20,6

Das mächtigste Palais[1], das den Hauptplatz zum Westen abschließt erstrahlt in besonderer Schönheit. Erst 1580 hat es Carl von Herberstorff, der Sohn eines bedeutenden Ministerialiengeschlechtes, errichtet. Seine Familienmitglieder sind Förderer des neuen lutherischen Glaubens. Den Bau hat er mit seiner ersten Frau Anna Susanne von Liechtenstein begonnen, die leider bei der Geburt des 2. Mädchens starb. Ein Schicksal, dass viele Frauen damals ereilte, aber für Carl doppelt tragisch, da ihm auch mit der 2. Frau, Anna Maria von Eggenberg, noch kein Stammhalter vergönnt war

Viele Jahre konnten die Adeligen auf Grund ihrer Vogteirechte[2] ihre Religionsfreiheit bewahren, obwohl der Landesfürst, der Habsburger Erzherzog Karl II. katholisch war. Er brauchte die Unterstützung der Steirer bei der Verteidigung der Grenze gegenüber den Osmanen und Kuruzzen (ungarische Freischärler Heere). Erst in der längeren Friedenszeit, nach der Heirat (1571) mit der katholischen Maria von Bayern und der Einrichtung einer päpstlichen Nuntiatur[3] in Graz wurde es zusehends schwerer Protestant zu sein. Der frühe Tod Karl II. 1590 verschärfte die Gegenreformation durch die Witwe Maria, die für ihren erst 3-jährigen Sohn Ferdinand II. regierte. Als Erwachsener sagte Ferdinand II.: „Besser eine Wüste regieren als ein Land voller Ketzer.“

Auch Carl von Herberstorff traf das Schicksal – trotz seines adeligen Standes – fliehen zu müssen, damit er seinen Glauben behalten konnte. Er entschloss sich in das angrenzende Tišina – damals Ungarn – mit seinem Freund Johannes Kepler zu fliehen. Leider waren die folgenden Monate viele Unwetter und Hochwässer und so war eine weitere Flucht unmöglich. Johannes Kepler kehrte um, reiste nach Prag, wurde Assistent von Tycho Brahe, den er nach seinem Tod als Hofastronom beerbte.

Herberstorff selbst, der versuchte in Ungarn Fuß zu fassen um seine in Radkersburg verbliebene Frau und Töchter nachkommen zu lassen, verstarb in Tišina. Das Schicksal der Frauen ist leider nicht bekannt.


[1] Heute heißt er Obalhof.

[2] Durch die Georgenberger Handfeste haben die Mitglieder der Steirischen Landschaft (Adelige) umfassende Rechte auf ihrem eigenen Grund und Boden, die der Landesfürst anerkennen musste. Z. B. eigene Pfarrer einzusetzen.

[3] Diplomatische Vertretung des Papstes ab 1580 in Graz.